19 Mar Annihilation: Am Ende war das Licht
Natalie Portman stößt vor ins Herz des Lichts. Dort geht es um nichts weniger als Tod und Wiedergeburt. Nebenbei wird „Auslöschung“ von einem Streit begleitet, bei dem Netflix eine tragende Rolle spielt.
40 Millionen Dollar sind ein ordentliches Budget. Die Financiers von „Auslöschung“ hätten sich vorher wohl besser damit auseinandergesetzt, wovon das Buch handelt, das als Vorlage für diesen Film dient. Dann hätten sie gewusst, was sie erwartet, nämlich ein verstörender Sci-Fi-Horror, der dem Publikum einiges abverlangt. So aber wollten sie nach den ersten Testvorführungen deutliche Änderungen, vor allem das Ende sollte überarbeitet und konventioneller werden. Regisseur und Produzent lehnten dies ab, sie entschieden über den finalen Schnitt.
Die Geldgeber verkauften den Film deshalb weiter. „Auslöschung” ist nur in den USA und China in den Kinos gestartet, weltweit ist er seit eben auf Netflix verfügbar. Das ist einerseits toll, denn viele Leute können ihn sofort sehen, andererseits entgehen ihm dadurch Einnahmen. Zudem wurde er für große Leinwände gemacht. Das merkt man spätestens, wenn man in die visuell spektakuläre Welt eintaucht, die Natalie Portman mit einem Team weiblicher Wissenschaftlerinnen erkundet.
Hinter dieser schimmernden Mauer sind die Gesetze der Physik verändert, so wie auch das Leben an sich, wie es stirbt und wie es neu geboren wird. (c) Netflix
Sie betreten ein Schimmern, das sich seit einigen Jahren bei einem Leuchtturm ausbreitet. Dort hat eine außerirdische Intelligenz eingeschlagen, kein Mensch ist jemals aus dieser seltsamen Zone zurückgekehrt. Die fünf Frauen treffen auf eine fremde Welt, sie ist von allen Menschen verlassen. Schön ist wüst, und wüst ist schön. Tiere, Pflanzen und Blüten wachsen dort überall, einmal überwuchern sie Wände, ein andermal wachsen sie in Form menschlicher Körper zwischen kniehohem Gras. Wie in einem Prisma brechen sich in dieser Zone alle Signale des Lebens, das führt dazu, dass ein Alligator zuschnappt wie ein Hai oder ein Bär um Hilfe schreit wie ein Mensch. Diese Chimären vermehren sich beinahe wie ein Tumor, obwohl hier alles so bunt sprießt und gedeiht, werden sie das Leben selbst verändert.
Trauma und sexuelle Symbole
Vieles erinnert in „Auslöschung“ an den sowjetischen Sci-Fi-Klassiker „Stalker“. Auch dort ist nie ganz klar, worum es geht, der schlingernde Weg durch eine fremdartige Zone wird zur Reise ins Innere der Protagonisten selbst. Ganz so weit geht dieser Film nicht. Aber auch sie müssen ein Trauma bewältigen. Dazu kommen viele sexuelle Anspielungen, der phallische Leuchtturm ist mit Venen überwuchert, eine Öffnung zu einem Tunnel gleicht einem Schließmuskel, der Gang dahinter mit seinen Krypten und Zotten einem Darm. Tod, Zerstörung und Wiedergeburt liegen ganz nahe aneinander. Und am Ende war das Licht.
Der Film macht es dem Publikum nicht leicht. Dazu gehören viele Zeitsprünge und einige offene Enden in der Handlung. Was wollen diese fremdartigen Lebensformen, was macht das alles aus den Menschen, das bleibt unklar. Noch dazu sind einzelne Entscheidungen der Wissenschaftlerinnen dezent hirnrissig. Was der Film aber definitiv schafft, ist eine einzigartige, faszinierende Welt zu erfinden. So schön war Horror noch nie.