Gendergerechte Sprache und deutsche Rechtschreibung

Gendergerechte Sprache und deutsche Rechtschreibung

Gendergerechte Sprache und deutsche Rechtschreibung

Reicht es, Frauen mit männlichen Begriffen mitzumeinen? Und wenn nicht, was dann? Experten ringen mit Empfehlungen für gendergerechte Sprache.

Sind es vielleicht gar Expertinnen und Experten, die um Empfehlungen ringen? Sind es Expert_innen? Oder reicht es, Experten zu sagen, auch wenn mehr als die Hälfte von ihnen Frauen sind? Verteidigungsminister Kunasek hat das Gendern in seinem Ressort jüngst abgeschafft. Einen offiziellen Erlass, das Binnen-I zu verwenden, hat es dabei nie gegeben. Manche im Ministerium haben es verwendet, andere nicht. Von der offiziellen deutschen Rechtschreibung ist das prinzipiell gedeckt. Denn einen Zwang zu gendern, gibt es nicht.

Allerdings berät derzeit eine Gruppe von Menschen, wie man in Zukunft mit dem Thema gendergerechte Sprache umgehen soll. Was sie im Rat für deutsche Rechtschreibung beschließen, muss noch von den nationalen Parlamenten bestätigt werden, würde aber später an Schulen unterrichtet werden.

Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt

Gendergerechte Sprache erhitzt viele Gemüter. Manche nervt es, sie finden, es macht Texte schwerer lesbar, andere verwenden noch heftigere Worte, als würde man damit anderen Leuten das Leben schwer machen wollen. Dabei sollte klar sein, dass es um etwas anderes geht. Nämlich darum, den geistigen Horizont zu öffnen. Kurz gesagt, wenn immer nur „Ärzten” die Rede ist und von „Krankenschwestern“, wird sich das in den Köpfen so festsetzen. „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, wusste schon der österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein. Jene, die sich dafür aussprechen zu gendern, geht es darum, diese Grenzen der Welt zu öffnen.

Deshalb soll deutlich gemacht werden, dass es auch weibliche Ärzte gibt. Wie man das machen soll, darüber gibt es keine eindeutige Meinung. Natürlich würde es dabei nicht reichen, diese gegenderte Form vorzuschreiben und darauf zu warten, dass es bald genug Ärztinnen gibt. Das Ganze muss sich im echten Leben spiegeln. Aber nur darauf zu warten, dass ein bestimmter Anteil aller Ärzte irgendwann weiblich sind und sie erst dann explizit zu nennen, ist eben auch keine Lösung.

Es gibt keine – offizielle – Sprachpolizei

Nun gibt es keine Sprachpolizei, jedenfalls keine offizielle. Wer die männliche Form in Briefen, Postings oder Mails verwendet, bekommt keine keine Geld- und keine Gefängnisstrafe. In Poesie und Dichtung gilt ohnehin absolute Freiheit. Dennoch gibt es einige Rechtschreibregeln. Sie sagen, was in Ordnung wäre und was nicht. Diese werden vom Rat für deutsche Rechtschreibung vorgeschlagen. Ihm gehören Expertinnen und Experten aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein, Südtirol und Belgien an.

Seit einiger Zeit beschäftigt er sich mit gendergerechter Sprache. Eine Universität in Berlin wollte eine Empfehlung haben, wie sie intern damit umgehen soll. Seither wird beobachtet. Denn der Rat macht keine Regeln im luftleeren Raum, sondern verschriftlicht und vereinheitlicht das, was alltäglich geschrieben wird. Und bisher gibt es keine eindeutige Tendenz, wie die Schreibung geschlechtergerecht gestaltet werden kann, so der Rat in einer Aussendung.

Derzeit gibt viele Ansätze. Zur Auswahl steht beispielsweise das Binnen-I. Es soll Frauen sichtbar machen und hat sich historisch gesehen aus dem Schrägstrich heraus entwickelt (Ärzt/-innen). Das lässt sich nun nicht immer zufriedenstellend machen, außerdem geht es von lediglich zwei Geschlechtern aus. Das ist für trans- oder intersexuelle Menschen nicht ausreichend. In queeren Kreisen wird deshalb oft der Unterstrich bevorzugt (Ärzt_innen). Dieser Gendergap soll klarmachen, dass es jenseits von männlich und weiblich noch Menschen gibt, die ihr Geschlecht anders definieren. Eine Abwandlung davon ist das Sternchen (Ärzt*innnen). Damit soll kein Mensch ausgeschlossen werden. Ein recht klassischer Zugang ist dagegen, zwei Geschlechter getrennt anzuführen (Ärztinnen und Ärzte). Auf breiter Basis durchgesetzt hat sich allerdings noch keine Variante.

Lesbar, vorlesbar, grammatisch korrekt

Also beobachtet der Rat für deutsche Rechtschreibung weiter. Im November tagt er das nächste Mal. Sollte er dann etwas beschließen, wird das nicht verpflichtend sein, sondern eine Möglichkeit unter anderen. Eine Vorschrift gendergerechte Sprache zu verwenden, wird daraus sicher nicht. Die nationalen Parlamente könnten zudem jede Regelung kippen, mit der sie nicht zufrieden sind.

Derzeit spricht sich der Rat aber ohnehin dafür aus, dass jede Schreibung verständlich sein sollte, lesbar, vorlesbar und grammatisch korrekt. Außerdem soll sie Rechtssicherheit gewährleisten. Innerhalb des Rats soll es außerdem so sein, dass längst nicht nur Experten diese Lesbarkeit bevorzugen, gerade den Expertinnen soll es wichtig sein, dass es zu keinen Sprachb_enutz/*erInnen kommt.