3 Tage in Quiberon: Dass ich dich besser fressen kann

3 Tage in Quiberon, Interview mit Romy Schneider

3 Tage in Quiberon: Dass ich dich besser fressen kann

Romy Schneider wurde ausgebeutet, sie hatte keinen Schutzmechanismus, hat gelitten und dennoch mitgespielt. “3 Tage in Quiberon“ zeigt eine zerrissene Frau.

“Und was ist aus mir geworden”, fragt Romy, sie ist kurz vor dem Zusammenbruch. “Der größte weibliche Star Europas”, entgegnet der Schreiber. Er ist ein Haifisch und merkt, dass sein Opfer verwundet ist, er setzt an, gleich ist es erledigt. Der Schreiber ist für den deutschen Stern angereist, er will Geständnisse, er will Skandale, er will über Kaiserin Sissi reden, diese Rolle, die an Romy Schneider klebt wie ein alter Fluch. Ihm ist egal, dass sie in Frankreich längst für andere Filme verehrt wird, er spricht mit ihr über Geld, mit dem sie nicht umgehen kann, er fragt nach ihrem Vater, nach ihrer Mutter, die von Hitler verehrt wurde.

Er hat fest zugebissen, lässt nicht mehr los. Stunden später wird sie von der Putzfrau gefunden, Romy liegt noch immer kauernd am Boden, ein Haufen Elend, unzählige Gläser und Flaschen stehen auf dem Tisch. Dabei ist sie hier in der Bretagne, um eine Kur zu machen, drei Tage in Quiberon, kein Alkohol, frische Luft, strenge Diät, so wird es verschrieben. Trotzdem willigt sie ein, ein Interview zu machen. Das schwarz-weiße Drama nimmt seinen Lauf.

3 Tage in Quiberon
(c) Filmladen

“Im Moment bin ich ganz kaputt“, so hieß die Titelgeschichte, die damals im Jahr 1981 im Stern erschien, ein Jahr bevor Romy Schneider stirbt. Der Journalist Michael Jürgs lebt heute noch, er hat der Regisseurin von “3 Tage in Quiberon” bereitwillig Auskunft gegeben, war aber sehr überrascht, als er das Drehbuch las, er wäre ja ein Satan von Anfang bis Ende, soll er gesagt haben. So unrecht hat er damit nicht. Im Film steigt er mit der Frage ins Interview ein, ob sich Romy weggestohlen habe, weil sie daheim keine Anerkennung bekommt. Er sagt ihr, dass er ihren Ex-Mann in Hamburg gesehen habe, am Morgen an dem er sich erhängt hatte, eine blanke Lüge.

Auf diese Art erfährt man im Lauf des Films immer mehr über das Leben der Romy Schneider, Österreichs größter Schauspielerin, man erfährt, dass sie eine zerrissene Frau war, der man kaum helfen konnte. Sie wird sogar gewarnt, eine ihrer besten Freundinnen ist angereist, sie geht mit ihr feiern, nimmt ihr die Schlaftabletten weg, sie legt sich mit ihr hin, weil Romy alleine nicht einschlafen kann. Immer wieder sagt sie ihrer Freundin, dem kannst du nicht trauen, der schreibt das alles. Und einmal will sie, dass Romy das Interview abbricht. Aber Romy kann nicht, sie ist gefangen, lässt sich gefangen nehmen. So stellt es jedenfalls der Film dar.

Opfer und Täter

“Der Film ist eine Fiktion“, das gibt die Regisseurin Emily Atef zu. Aber diese Fiktion findet in der Gegenwart offenbar großes Echo. Denn durch soziale Medien stehen Menschen heute noch viel mehr im Brennglas der Öffentlichkeit, eine dumme Äußerung in einer privaten Gruppe, ein missverständlicher Tweet, eine lasche Reaktion kann heute massive Empörung auslösen. Trolle heizen das Ganze noch weiter an. Und Dinge, die früher als privat galten und unantastbar, werden heute bereitwillig gepostet, Kinderfotos, Geständnisse, Erkrankungen, nichts kann mehr nicht bekannt werden. Diese Zweischneidigkeit führt der Film vor.

3 Tage in Quiberon
(c) Filmladen

Auch Romy ist kein reines Opfer, ihr gefällt die Aufmerksamkeit, sie posiert gerne für die Kamera. Geschichten über den Ruhm und die eigene Branche finden Leute aus dem Film natürlich besonders interessant. Zehn Mal wurde “3 Tage in Quiberon“ für den Deutschen Filmpreis nominiert. Maria Bäumer überzeugt als Romy Schneider, noch dazu scheint sie ihr wie aus dem Gesicht geschnitten.

Am Ende findet im Film sogar der Schreiber des Magazins einen Funken Herz, er gibt Romy das Interview, damit sie es sich durchsieht und streicht, was sie nicht über sich lesen will. In einer späten Einstellung springt Romy glücklich zwischen den Felsen am Meer. Und als sie sich den Knöchel verstaucht, kommen ihr die anderen zu Hilfe, sie muss gestützt werden, links der Journalist, rechts ihre Freundin.

 

“3 Tage in Quiberon” von Emily Atef mit Maria Bäumer als Romy Schneider.