3 Billboards: The Good, The Bad and The Stupid

3 Billboards Outside Ebbing, Missouri

3 Billboards: The Good, The Bad and The Stupid

“Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ trifft den Geist der Zeit. Der Film ist eine grandiose Metapher für unsere politische Gegenwart. Nebenbei wurde er für sieben Oscars nominiert.

Sie ist wütend. Er ist dumm. Beide suchen nach Vergebung, sie versuchen sich mit dem, was ihnen angetan wurde, zu versöhnen. Und vielleicht können sie in trotz vieler Unterschiede sogar gemeinsame Sache machen, um ein viel größeres Übel zu bekämpfen.

Eine Metapher

“Three Billoards Outside Ebbing, Missouri” als Metapher für die politische Gegenwart zu sehen, ist nicht schwer. Immerhin weiß man, Donald Trump ist eine hohle Nuss, nicht nur “Fire And Fury” hat das ausführlich belegt, viele seiner Mitstreiter haben das über ihn gesagt. Ihm gegenüber steht die Wut der amerikanische Liberalen und Linken, darunter viele Frauen. Und während die USA so mit sich selbst beschäftigt sind, mit immer neuen Empörungen und Gehässigkeiten, warten in der Welt massive Probleme, Extremismus, Klimawandel, Konkurrenz aus Asien, Arbeitslosigkeit. Was braucht es da, um wieder zueinander zu finden? Aber vielleicht sollte man vorne anfangen, beim Film, der bei den diesjährigen Oscars als Favorit gehandelt wird und bereits bei den Golden Globes erfolgreich war.

Drei Billboards

Drei alte Billboards stehen an einer Straße, die kaum noch benutzt wird. Mildred Hayes lässt sie neu bekleben. Auf ihnen steht sinngemäß: “Im Sterben vergewaltigt, und immer noch keine Verhaftungen? Wie kommt’s, Polizeichef Willoughby?” Sie meint mit dem Opfer ihre eigene Tochter, der Täter wurde bisher nicht gefasst, sieben Monate später hat die Polizei keine Spur, sie verprügelt stattdessen Schwarze in Haft.

Der alte Polizeichef versucht Mildred Hayes zu beruhigen, er kümmert sich um sie, obwohl er todkrank ist. Aber der einfache Polizist Jason Dixon fühlt sich von ihr herausgefordert, seine rassistische Mutter stachelt ihn noch weiter an, die andere wütende Mutter zu schikanieren. Die Sache eskaliert immer weiter, die Billboards gehen in Flammen auf, der Polizeichef tötet sich selbst – nicht ohne ergreifende Abschiedsbriefe zu schreiben –, ein Helfer wird von Dixon krankenhausreif geschlagen und verliert darauf seinen Job, währenddessen soll der neue, schwarze Sheriff den Fall neu aufrollen.

Zwei Helden

Es ist zum Weinen, vor lauter Lachen. Der Film ist lustig, er ist tragisch, ist albern, ist episch. Das macht ihn so ungewöhnlich, sein Humor und seine Leichtigkeit, die man in vielen ähnlichen Geschichte vermisst. Früher hätte man wohl Tragikomödie gesagt. Er zeichnet seine Figuren mit viel Mitgefühl, sie sind Opfer ihrer Umstände und machen sich gleichzeitig zum Herrn ihrer Leidenschaften.

3 Billboards Outside Ebbing, Missouri
Jason Dixon (Sam Rockwell) und Mildred Hayes (Frances McDormand) (c) Twentieth Century Fox

Die Heldin ist Mildred Hayes, eine unnachgiebige Frau, eine, die sonst vielleicht von Clint Eastwood gespielt werden würde, eine Naturgewalt. Einmal, da hält sie dem Priester eine wahre Predigt. Wenn einer aus seiner Gang sich an Kindern vergreift, dann sind alle aus seiner Gang, die das dulden, mit schuldig. Mildred Hayes trägt ein gepunktetes Stirnband, das aus der Entfernung aussieht wie die Sterne auf der Flagge der Vereinigten Staaten, dazu viel Blau und ein wenig Rot, die Farben der großen Parteien, Demokraten und Republikaner. Sie ist nicht ohne Fehler, sie flucht, sie schimpft, sie schleudert ihrem Sohn Müsli in die Haare, sie tritt seinen Mitschülern zwischen die Beine – nicht nur den männlichen. Früher hat sie gesoffen, bis zu ihrem Streit mit ihrer Tochter, ihrem allerletzten. Sie ist kein böser Mensch, ganz am Anfang hilft sie einem Käfer, der auf einer Fensterbank am Rücken zappelt.

Und Dixon, ihr dummer Gegenspieler, ist es tief drin auch nicht. Er wird schwer verletzt, als Mildred Hayes aus Rache die Polizeistation abfackelt. Trotzdem hilft er Mildred, als er glaubt den wahren Mörder gefunden zu haben. Beide verbünden sich, sie bilden eine Union gegen ein größeres Übel.

Zwei Parteien

Der Polizist Dixon heißt nicht zufällig so. Dixie nannte man früher die Südstaaten und auch ihre Hymne, er verkörpert also das, was den befehlshabenden Idioten Donald Trump in sein Amt gebracht hat. Hayes dagegen ist ein irischer Name, der in Nordengland häufig ist, einem demokratischer Kernland. Und der Film schließlich spielt in Missouri, einem klassischen Swing State, der in Präsidentschaftswahlen sehr lange Zeit so gewählt hat, wie die Mehrheit der Vereinigten Staaten.

Es geht in diesem Film um viel mehr, als nur drei Billboards. Vor sechzig Jahren war es für die meisten US-Amerikaner egal, aus welchem politischen Lager der Ehepartner ihres Kindes kommt, 72 Prozent besagte damals eine Studie von Gallup. Heute können sich nur noch weniger als die Hälfte vorstellen, dass ihre Kinder über Parteigräben hinweg heiraten.

Es geht ein tiefer Riss durch die USA. Und wenn man sich ehrlich ist, auch durch Europa. Menschen können nicht mehr auf andere zugehen, sie glauben zu unterschiedliche Meinungen zu haben. Aber es braucht diese Annäherung, es braucht diese Aussöhnung, das scheint dieser Film mit grandiosen Bildern und grandiosen Schauspielern sagen zu wollen.

Sieben Nominierungen

Es ist bitter, dass sich deshalb einige kritische Stimmen in die überwältigenden Lobeshymnen gemischt hatten. Dieser brutale Dixon sei zu sympathisch gezeichnet, man wolle ihm seinen Rassismus, seine Gewalt und seine Misshandlungen einfach nicht nachsehen, auch wenn er irgendwie nach Erlösung suchen würde. Ein anderer Punkt der Kritik ist wohl nur zu verstehen, wenn man den Film im Original sieht. Die Dialekte seien sehr uneinheitlich. Und der irische Regisseur des Films hätte wohl seine Sicht der Dinge auf Amerika projiziert, gerade Alltagsrassismus wäre bei ihm altbacken dargestellt.

3 Billboards Outside Ebbing, Missouri
Polizeichef Willoughby (Woody Harrelson) und seine Frau (c) Twentieth Century Fox

Nichtsdestotrotz, der Film ist aus vielen Gründen völlig sehenswert. Er ist virtuos konstruiert, löst nicht alles in Wohlgefallen auf, er bleibt offen und differenziert. Er ist sehr lustig, erlaubt sich viele unkorrekte Witze und die schauspielerischen Leistungen sind überragend. Zwischendurch gibt es in einem Abschiedsbrief eine der mitreißendsten Erklärungen, was es heißt ein gutes Leben gelebt zu haben. Es geht in diesem Film ums Ganze, um das, was eine gespaltene Gesellschaft noch zusammenhält. Wem all das nicht reicht, der will diese schöne Welt einfach nur brennen sehen.

 

“Three Billboards Outside Ebbing, Missouri” von Martin McDonagh mit Frances McDormand, Peter Dinklage, Abbie Cornish, Woody Harrelson, Sam Rockwell.